„Die ersten 1.000 sind geschafft“
Fachartikel von Christian Unger zu dem Rollout intelligenter Messsysteme bei GWAdriga im Jahr 2020
Fachartikel für EW Medien: Interview mit Christian Unger, Leiter Services der GWAdriga GmbH & Co. KG. Sie können den vollständigen Artikel unter diesem Link einsehen oder als PDF-Datei unter diesem Link herunterladen.
Für GWAdriga startete der Rollout schon im Sommer 2019: Am 19. Juni installierte Westfalen Weser Netz das allererste, damals frisch zertifizierte Smart-Meter-Gateway. Der Grund, warum man in Paderborn nicht auf den offiziellen Startschuss mit der Markterklärung hatte warten wollen, lag auf der Hand. „Erst in der Realität zeigt sich, ob alles bedacht wurde und die gemeinsam zwischen Westfalen Weser Netz und GWAdriga verprobten Abläufe auch mit einem zertifizierten Gerät und dem dazu notwendig hohen Automatisierungsgrad funktionieren“, sagte damals Martin Kloppenburg, verantwortlicher Manager und Projektleiter bei der Westfalen Weser Netz GmbH. Dieses erste Gateway hatte die volle Aufmerksamkeit aller Beteiligten und die sorgfältig vorbereitete Inbetriebnahme wurde von Seiten der Westfalen Weser Netz und von GWAdriga intensiv begleitet. Die seitdem gesammelten Erfahrungen bildeten dann auch eine tragende Säule für den offiziellen Startschuss ab Februar 2020.
Zwischenzeitlich sind nun bereits mehr als 1000 intelligente Messsysteme im Wirkbetrieb. Doch das war nur die sichtbarste aller Veränderungen, denn ein wirtschaftlicher Betrieb im intelligenten Messwesen erfordert Skalen. Insofern war der Übergang von einer projektgetrieben Organisation hin zu einer Betriebsstruktur mit Linientätigkeiten eine der großen Voraussetzungen und Herausforderungen in den vergangenen Monaten: was im Projekt zunächst mit der Unterstützung aller Ressourcen zum Laufen gebracht wurde, musste anschließend auch draußen im Feld im Regelbetrieb mit möglichst geringem Aufwand funktionieren. Auch das war ein Motiv für Westfalen Weser Netz, den Prozess frühzeitig zu „üben“. Das dortige Netzgebiet erstreckt sich mit rund 6.400 Quadratkilometern über zwei Bundesländer in den wachstumsstarken Regionen Ostwestfalen-Lippe und Südniedersachsen. Die reibungslose Inbetriebnahme und der zuverlässige Betrieb der Gateways sind hier wesentliche Voraussetzungen für die Wirtschaftlichkeit des Rollouts, anders als in übersichtlicheren Netzgebieten. Sobald ein Monteur einen Zählpunkt ein zweites Mal anfahren muss, um eine Störung zu beseitigen, ‚passt‘ die Preisobergrenze schon nicht mehr. Insofern lag der Fokus zu Beginn des Rollouts ganz klar darauf, die zuvor geübten Prozesse zu validieren und entsprechend zu optimieren.
Herausfordernd waren dabei zunächst die kleinen, aber feinen Unterschiede zwischen Vorserienmodellen und den tatsächlich zertifizierten Gateways, die dann im Wirkbetrieb eingesetzt wurden. Aber auch die Einschränkungen der ersten Serienmodelle führten zum einen oder anderen Problem bei der Prozessierung und weiteren Verarbeitung der Messdaten.
90 Prozent der erlebten Problemfälle traten auf der Strecke zwischen dem SMGW und dem Gateway-Administrator auf. Hier zeigte sich, dass eine wirklich gute Datenkommunikation der Schlüssel dafür ist, über den gesamten Lebenszyklus des Smart-Meter-Gateways eine hohe Datenqualität und damit auch Wirtschaftlichkeit gewährleisten zu können. Umso mehr zahlte es sich aus, dass die GWAdriga-Kunden die Installationen nicht als bloße Pflichtaufgabe gesehen, sondern vielmehr schon beim Einbau genau darauf geachtet hatten, dass die stabile Datenkommunikation in jedem Fall gewährleistet ist. Dazu musste dann aber auch der gesamte Montageprozess abgesichert werden, ein Schlüsselelement dabei war die Ausbildung der Monteure. Diese müssen im intelligenten Messwesen eben nicht nur in der Lage sein, ein Smart-Meter-Gateway im Verteilerkasten fachgerecht zu montieren, sie müssen daneben auch wissen, wie Konnektivität gemessen wird, wo die Antenne gesetzt werden muss und vor allem auch, wie das Ganze zu dokumentieren ist.
Ein weiteres Feld, das zu Mehraufwänden führte, war die Schnittstelle zwischen dem Gateway-Administrator und dem Messstellenbetreiber. Denn diese ist nicht standardisiert – ein echter Geburtsfehler des Smart-Meterings. Jedes ERP-System, aber auch jedes SMGW-System am Markt hat eine anders geartete Schnittstelle und ist auch unterschiedlich ausgeprägt. GWAdriga hat sich hier stark auf die SAP IS-U-Welt fokussiert und dafür tiefe technische und Prozesskompetenz aufgebaut. Um den Markt jedoch breit abzudecken, hat GWAdriga zudem in enger Entwicklungspartnerschaft mit dem Systemlieferanten BTC eine eigene, native Schnittstelle aufgebaut, die als weiterer Standard angeboten wird. So können die Prozesse zwischen der Gateway-Management und dem Messstellenbetreiber heute nicht nur mit SAP IS-U-Kunden hochautomatisiert abgewickelt werden, sondern auch mit Anwendern, die auf Anwendungen von Schleupen, SIV oder Bosch setzen. Zudem steht diese Schnittstelle auch allen anderen Anbietern von Abrechnungssystemen und ERP-Lösungen für die Versorgungswirtschaft offen.
Auf absehbare Zeit findet der Rollout weiterhin in einem Umfeld statt, das längst noch nicht so klar ausdefiniert ist wie in anderen Technologiebereichen. Aus diesem Grund haben aktuell weder die Technik (Geräte wie Applikation) noch die Prozesse einen entsprechenden Reifegrad erreicht und es gibt noch eine ganze Reihe von ‚weißen Flecken‘. Für die erforderliche Wirtschaftlichkeit, aber auch den Markterfolg ist es daher essentiell, dass Softwareentwickler und Gateway-Administrator Erkenntnisse und Lösungsvorschläge zusammenlegen und auf dieser Basis die gemeinsame Lösung weiterentwickeln, um die Anforderungen der Kunden sowie des Marktes bestmöglich umzusetzen. Das gilt neben den SMGW-Kernprozessen auch für die weiteren Themen, die den Markt in Zukunft stark beschäftigen werden, etwa im CLS-Umfeld. Auf dieser Prämisse basiert die starke Entwicklungspartnerschaft zwischen GWAdriga und BTC.
Mit dem Beginn des zweiten Betriebsjahres stehen nun eine ganze Reihe von Regelprozessen an, die erstmalig durchlaufen werden: Firmwareupdates für die rezertifizierten SMGW, Zertifikatsaktualisierungen, aber auch optimierte Prozesse rund um das Störfallmanagement. Zudem werden Weiterentwicklungen bei den Gateways bestimmte Abläufe weiter vereinfachen, die neuen Tarifanwendungsfälle aber auch eine größere Anwendungsvielfalt bieten, die der Gateway-Administrator unterstützt. GWAdriga fokussiert sich zudem auf die weitere Automatisierung der Prozesse, um den geplanten, deutlich dynamischer werdenden Mengenzuwachs effizient und erfolgreich darzustellen.